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Meine Erfahrungen mit Pferden


„In der Seele des Pferdes findest Du Saiten, die lange in Dir nachklingen."
(Gunnar Anarson)

Rendezvous mit "Muscle"
Rendezvous mit "Muscle" (2001)

Schon von klein auf fühlte ich mich leidenschaftlich zu Pferden hingezogen. Der Umgang mit ihnen vermittelte soziale Werte, die beim Umgang mit Menschen oft ausblieben: Kommunikation von Herz zu Herz, Nähe, Berührung, Geborgenheit, Vertrauen, gegenseitiger Respekt, das Gefühl des Getragenwerdens und des vertrauensvollen Sich-tragen-lassen-dürfen, des Aufgehobenseins, des voneinander Lernens...

Eine der ersten Reiterfahrungen machte ich ungefähr im frühen Volksschulalter im Rahmen eines öffentlichen Ponyreitens. Ein in den 70er-Jahren als "Rot Hannes" bekannter Mann aus Dornbirn lud zum Ponyreiten für Kinder ein. Dieser Mann hauste gemeinsam mit seinen Pferden und Einstellpferden im Stall eines alten Hauses in Dornbirn-Rohrbach. Am Tag des Ponyreitens wurden die Kinder jeweils auf einen blanken Ponyrücken gesetzt und von Jugendlichen auf einem Riedweg spazierenreiten geführt. Das mir zugewiesene (Welsh-)Pony war schneeweiß und hieß Lissi. Meine ältere Schwester Gabi, wegen der wir überhaupt erst Reiten durften, ritt einen größeren Grauschimmel namens Lotte oder Lulu. Das weiß ich nicht mehr so genau, da es zwei von ihnen gab, die sich zum Verwechseln ähnlich sahen. Meine Sehnsucht nach dem Umgang mit Pferden wuchs damit. Meine reiterlichen Ambitionen waren jedoch unerwünscht. Die Eltern hofften, sie würden von selber wieder verschwinden. Zumindest durch das Spielen mit von mir selbstgebastelten Steckenpferden oder geschenkt erhaltenen Kunststoff-Pferdchen, dem Zeichnen von Pferden oder dem Anschauen von Pferdefilmen (zB die Immenhof-Filmtrilogie aus der Zeit von 1955 - 1957) konnte ich Pferden "nahe" sein. Das Spielen mit Steckenpferden wurde skeptisch beäugt. Und so endeten diese letztlich als Bohnenstangen im Gemüsebeet oder wurden zerbrochen.

Als ich mich als etwa 11-jähriges Mädel das ersten Mal in einem Reitstall naiv nach einer Ausreitmöglichkeit erkundigte, erntete ich höhnisches Gelächter und die Antwort:“Da brauchst du erst mal etliche Longen-Stunden und mindestens zwei Jahre lang regelmäßig Reitstunden in der Halle – und dann kannst du vielleicht daran denken, gemeinsam mit anderen ins Gelände zu gehen.“ Da ich mir Reitstunden ohnehin nicht hätte leisten können, verbrachte ich sehr viel Zeit damit, anderen beim Reiten zuzusehen. Für kurze Zeit nahm ich an preislich günstigen Voltigierstunden teil. Probleme mit den Handgelenken und einer notorisch militantisch laut schreienden Reitlehrerin nahmen mir jedoch alsbald die Freude daran.

Noch bevor ich Reitstunden konsumiert hatte, ergab sich für mich die Gelegenheit, im Stall von Privatleuten mitzuhelfen und ab und zu mit deren Pferden auszureiten. Ich verbrachte so viel Zeit wie möglich bei den Pferden, saß oft stundenlang im Stall, lauschte ihnen beim Fressen und Atmen zu, streichelte sie, sprach auf vielfältige Weise mit ihnen. Wurden sie während dem Hufebeschlagen von Fliegen und Bremsen gepeinigt, setzte ich mich vor sie auf den Zaun und verscheuchte mit einem Geschirrtuch die Plagegeister. Man konnte den Pferden ihre Dankbarkeit darüber förmlich ansehen. Sie wendeten den Kopf von selbst in Richtung Tuch, wenn sie mehr Unterstützung benötigten. Machten sie auf eine juckende Stelle aufmerksam, rubbelte ich sie dort und erntete dafür ebenfalls Zeichen entspannten Wohlbefindens und Dankbarkeit.

Mit einem der Pferde konnte ich ohne Sattel, nur mit Stallhalfter und Führstrick, ausreiten gehen. Wurde ich unsicher, verlangsamte das Pferd sein Tempo oder hielt an. Eines Tages irritierte ein provokanter Junge das Pferd während so eines Ausrittes, indem er auf einer abfallenden Straße frontal einen Ball auf uns zurollen ließ. Das Pferd senkte zuerst Hals und Kopf, um das seltsame, rasch größer werdende, rollende Ding besser erkennen zu können. Der Ball erschien dann aber doch etwas zu suspekt, und so sprang das Pferd mit einem mächtigen Satz auf die andere Straßenseite. Den Augenblick meiner damaligen Unsicherheit quittierte das Pferd, indem es mir sofort seine Aufmerksamkeit zuwandte (die Ohren bewegten sich in meine Richtung) und – selbst noch ein wenig erschrocken – stehen blieb, abschnaubte und sich entspannte. Als wollte es sagen „Sorry, ich musste so reagieren, aber jetzt geht’s wieder“. Hätte ich mit stramm angezogenem Strick, klammernden Beinen und lauten Worten auf die Fluchtbereitschaft des Pferdes reagiert, wäre die Sache vermutlich weniger gut verlaufen.

Der Umgang mit diesen Privatpferden endete eines Tages abrupt, als sich herausstellte, dass der Besitzer die Tiere zu misshandeln begannen. Und als ein gerade mal zwei Tage altes Fohlen nicht beim ersten Versuch am Halfter mitgehen wollte, zog der Besitzer so lange am Strick, bis das Fohlen strauchelte und hinfiel. Daraufhin schleifte er das auf der Seite liegende Fohlen von einem zum anderen Ende der Wiese – vom Halfter gewürgt, mit heraushängender Zunge!! Mir blieb fast das Herz stehen, doch der Besitzer meinte, er müsse so agieren, damit das Fohlen von Anfang an Gehorsam und Halfterführigkeit lerne (???). Über längere Zeit beließ er das Fohlen am Halfter der Pferdemutter angebunden, um damit eine ähnlich erzieherische Wirkung zu erzielen. Da sich im Laufe der Zeit die tierquälerischen Absichten seitens des Besitzers häuften, wurde der Tierschutzverein darauf aufmerksam. Nach einem Vorfall, bei dem sich eines der Pferde nachts am Stacheldrahtzaun an der Vorderbrust schwer verletzt hatte und ich (!) von den Besitzern dafür beschuldigt worden war, brach die Verbindung zu diesen Leuten ab, da sie nicht mit sich reden ließen und stur an ihren Verleumdungen bzw. Beschuldigungen festhielten.

Die FN-Reitschul-Ära
Da ich mich dennoch zu Pferden hingezogen fühlte und ich nach der Pflichtschulzeit mein eigenes Geld verdiente, entschloss ich mich kompromisshaft zu vereinzelten Reitstunden in einem FN-Reitstall. Denn mein Wunsch war es gewesen, den Umgang mit Pferden zum Beruf zu machen. Die Aussage meines damaligen (deutschstämmigen) Reitlehrers, aus mir werde gewiss mal eine gute Reiterin, untermauerte mein Vorhaben.

Rasch wurde ich jedoch eines Besseren belehrt. Mit jeder Stunde, die ich im FN-Stall verbrachte, wuchsen meine Unsicherheit und die Zweifel darüber, ob der dort propagierte Umgang mit Pferden meiner inneren Einstellung und Intuition entsprach. Zunächst wollte ich es nicht wahrhaben und dachte, dass bereits Ausgebildete und Leute, die jahrzehntelang mit Pferde zutun hatten, vielleicht doch mehr Ahnung und daher eher Recht hatten. Doch im Laufe der Zeit wuchs die Kluft zwischen meinem Empfinden und den im Reitsport üblichen Umgangsmethoden ständig.

Schulpferde in Boxenhaltung ohne Weidegang - entweder resigniert, abgestumpft oder aggressiv und neurotisch - von betuchten Reitstallvorsitzenden als „wertlose Clubmähren“ bezeichnet. Reitstunden mittels lautstarkem, militantischem Drill, wo es um Leistung und blinden Gehorsam geht, nicht jedoch um eine Partnerschaft zwischen Pferd und Mensch. „Wer mit Pferden umgehen will, muss hart zu ihnen und kräftig sein!“ so die Aussage eines FN-Reitlehrers.

Dies wurde mir während eines mehrtägigen Aufenthaltes in einem privaten Tiroler Zuchtbetrieb deutlich vor Augen geführt. Der dortige (dazumal übrigens in Vorarlberg ansässige, aus Innerösterreich stammende) Reitlehrer versetzte die Pferde binnen weniger Minuten in tropfnasse, schweißschäumende, verängstigte, verkrampfte und verspannte Kreaturen, indem er sie stark vorwärtstrieb und gleichzeitig mit den Zügeln am Vorwärtsgehen hinderte. Nach zehn Minuten drückter er mir die Zügel eines derart „vergewaltigten“ Pferdes in die Hand. Die Besitzerin rief mir zu, dass ich es unbedingt trockenführen solle, damit es sich nicht erkälte. Ausgehöhlt schritt das Pferd neben mir her, ließ sich am Putzplatz mittels eines Schweißmessers den Schweiß abziehen. Es stand da wie ein Häufchen Elend, resigniert, geschockt, wehrte nicht mal mehr die Fliegen auf seinem Fell ab.

In diesem Stall erfuhr ich weiters von einem edlen Dressurpferd, das sich beim Reiten standhaft gegen das Rückwärtsrichten weigerte. Als ich die wunderschöne Stute einmal zum Satteln vorbereitete und beim Putzen sachte mit der Kardätsche über ihren Rücken strich, fuhr sie vor Schmerzen jäh zusammen, ging in die Knie und stellte sich dabei auf die Hufspitzen. Daraufhin angesprochen meinte die Besitzerin nur, die Schmerzen der Stute seien schon länger bekannt, sie sei wohl etwas empfindlich am Rücken. Es folgten keine therapeutischen / tierärztlichen Maßnahmen. Stattdessen wurde das Pferd zur nächsten Dressurbewerb gefahren - wo es während der Prüfung prompt zum wiederholten Male schmerzbedingt das Rückwärtsgehen verweigerte.

Ziemlich bald packte ich meine Sachen. Ich konnte und wollte nicht länger Anweisungen befolgen, die meinem Gewissen dermaßen widerstrebten. Die Stallinhaberin wollte ohnehin eine Auszubildende, die bereits alles kann. Das scheint irgendwie üblich zu sein in der Branche. Mein maximal zweiminütiges "Vorreiten" begann und endete damit, dass obgenannter Reitlehrer mein Pferd andauernd massiv aus dem Hinterhalt erschreckte, indem er absichtlich Hindernis-Stangen lautstark aneinanderdonnern ließ. Das darauffolgende Urteil der Reitstallinhaberin: „Du schaust gut und lieb aus auf dem Pferd, aber Reiten kannst du nicht.“

Die Westernreit-Ära
Ein aus Argentinien stammender, in Süddeutschland praktizierender Westernreiter versicherte mir, ich hätte das „gewisse Etwas“ im Umgang mit Pferden, das nur die Allerwenigsten mitbringen. Ich wiederum schätzte an ihm seine zwar konsequente aber ruhevolle Gabe, sowohl Pferde als auch Reitschüler einzuschätzen und auszubilden. Reiterlicher Kopflastigkeit begegnete er mit dem Spruch "Reiten lernt man nur duch Reiten!" Wie gern hätte ich das sofort umgesetzt und mich mehrmals wöchentlich in den Westernsattel geschwungen, um eine anhaltende Sattelfestigkeit zu erlangen und vielleicht sogar ein Freizeit-Westernpferd zu erwerben. Doch Lebenssituation und Verfassung ließen das, wie so oft, nicht zu. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Western- und Englischreiten? "Beim Westernreiten schwitzt das Pferd und nicht der Reiter!" ;-) Leider wurde dieser Reitbetrieb viel zu bald eingestellt, da der Inhaber eine Rückkehr in sein Heimatland erwog.

Ein anderer (selbsternannter) Vorarlberger, in Deutschland praktizierender Westernreiter lachte mich stets aus, wenn ich Pferde streicheln oder ihnen auch einfach nur die Hände auflegen wollte. „Du brauchst ein Kuscheltier und kein Pferd!“ grinste er höhnisch. „Ein Pferd muss willenlos gehorchen – das zählt.“ Er hatte dabei übersehen, dass ich auch mit einem Pferd „schmuste“, das als bissiger Satansbraten verrufen war... Diese Reitstunden brachten mehr Verdruss als Vergnügen und fanden bald ein Ende.

Fazit
Fassen wir also zusammen: Wer FN-Pferdewirt bzw. FN-Bereiter werden will, sollte Folgendes beachten:
* Du musst mindestens 18 Jahre alt sein (OK, das ist völlig verständlich und nachvollziehbar).
* Reiten solltest du bereits können, wenn möglich bis Klasse M.
* Du solltest im Umgang mit Pferden Härte und viel Muskelkraft mitbringen.
* Du solltest keine Skrupel haben, ein Pferd mittels Dominanz und Macht zu einem seelenlosen Leistungsroboter zu degradieren.
* Für die Ausbildung benötigst du zwei eigene Pferde; eins fürs Springen, eins für die Dressur. Wenn du dir das nicht leisten kannst, hast du ohnehin keine Chanche.
* Gefühle, Streicheleinheiten und Rücksichtnahme gegenüber dem Pferd haben beim Reitsport nichts verloren.
* Ganz allgemein brauchst Du für den Umgang mit Pferden viiiel Geld.

So blieb ich eben Gelegenheitsreiterin, oft mit mehrjährigen Reitpausen dazwischen. Verwundert und erfreut nahm ich daher zB bei einem mehrstündigen Gruppenausritt in der Schweiz die unerwartete Anerkennung des ehemaligen Profireiters und Reitstallbesitzers „Man sieht, dass du regelmäßig reitest und einen sehr guten Sitz hast.“ entgegen. Klärte ich ihn und seine Gefolgschaft über meine sporadischen reiterlichen Aktivitäten auf, schüttelten sie ungläubig den Kopf.

Warum kein Pflegepferd?
Schon mehrfach wurde ich gefragt, weshalb ich denn kein Pflegepferd bzw. keine Reitbeteiligung annehme. Nun, meine bisherigen Erfahrungen haben einfach deutlich gezeigt, dass man als „Beteiligte“ meist der Depp vom Dienst und Prügelknabe für sämtliche unerwünschten Vorfälle am und ums Pferd ist. Außerdem reagieren die Besitzer oft allergisch auf das Einbringen eigener Ideen. Ferner wäre mir gesundheitlich bedingt das Wahrnehmen regelmäßiger Verpflichtungen über einen längeren Zeitraum nicht möglich.

Was sich bei einigen Pferdebesitzern übrigens immer wieder herauskristallisierte: Jahrzehntelange Reiterfahrung bedeutet nicht automatisch, im Umgang mit Pferden alles richtig zu machen. Man kann auch Jahrzehnte lang vieles falsch machen. Vorgefertigte Kommunikationsmodelle zwischen Mensch und Pferd sind nur solange gut, als sie zum jeweiligen Pferd passen. Im Endeffekt zählt meiner Meinung nach ein fairer, partnerschaftlicher Umgang. Erziehung, Regeln und Grenzen sind unerlässlich. Doch bitte Herz und Verstand dabei nicht ausschalten.

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